Obacht, liebe Journalist_innen! Es kann passieren, dass sie in den Fokus öffentlicher Kritik geraten, wenn sie ihren Job professionell machen. So jedenfalls muss man wohl interpretieren, was nach dem Interview von von Marietta Slomka (ZDF) an öffentlicher Schelte losgebrochen ist. Während sich Gabriel zurückhält, keilt der bayerische Ministerpräsident Seehofer kräftig aus.
Zwei Elemente sind auffällig an diesem Fall. Der erste: Politiker beschweren sich mittlerweile auch dann über Journalist_innen, wenn die ihren Beruf professionell ausüben. Nichts anderes hat Frau Slomka gemacht, ein nachfassendes Interview geführt (wie wohltuend, das gibt es ja nicht mehr so häufig). Offensichtlich aber sind die Praktiken des Umgangs von Politik und Journalismus schon so weit herabgesunken, dass auch Professionalität Journalist_innen nicht mehr vor Politikerausfällen schützt.
Der zweite: Wer den Ablauf der Ereignisse nach dem Interview nur als öffentliches Scharmützel abtut, ist sich nicht im Klaren darüber, dass die Politik (hier: Seehofer als Mitglied des Verwaltungsrates des ZDF) auch im Verborgenen der nicht-öffentlichen Sitzungen Druck ausüben wird. Das Ziel ist klar: unbotmässiger Journalismus muss an der Wurzel ausgerottet werden. Dieser Druck wird Wirkung zeigen, sei es auch nur, dass sich die Redaktionen künftig einmal öfter darüber streiten, was sie wie senden.
Herrn Seehofer dagegen stört es nicht, dass derzeit eine Klage beim Bundesverfassungsgericht verhandelt wird, die sich mit dem Einfluss der Politik auf die öffentlich-rechtlichen Sender beschäftigt. Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es ein Schmunzeln wert: Es waren Mitglieder der SPD aus den Ländern Hamburg und Rheinland-Pfalz, die die Klage eingereicht haben.