„Gedenken und Erinnerung“: Ausgabe 4/2020

„Gedenken und Erinnerung“: Ausgabe 4/2020

Zum aktuellen Heft: Thema „Gedenken und Erinnerung“

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen. Ein Jahr, das eigentlich geprägt gewesen wäre von zahlreichen Feiern und Gedenktagen: Wir feierten den 250. Geburtstag von Beethoven, 30 Jahre Wiedervereinigung und 30 Jahre Mauerfall. Wir gedachten dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren und der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten in diesem besonderen Jahr jedoch zahlreiche Gedenkfeiern nur mit wenigen Menschen vor Ort stattfinden. Die Pandemie hat damit nicht nur unser Zusammenleben verändert, sondern auch unser gemeinsames Erinnern und Gedenken: Viele Gedenkfeiern fanden primär digital über das Internet statt.

Die aktuelle Ausgabe der medienethischen Zeitschrift Communicatio Socialis spürt dem Wandel der medialen Repräsentation des Gedenkens und Erinnerns nach und hinterfragt die Relevanz der Vermittlung von Geschichte in den Medien.

Die Beiträge im Heft

Zum Auftakt des Schwerpunktthemas erläutert die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann, dass das aktuelle wissenschaftliche Verständnis zu kollektivem Gedächtnis und Erinnerungskultur auf der Einsicht beruht, dass Erinnerung allgegenwärtig ist und nur medial vermittelt werden kann. Das hat dazu geführt, dass eine Vielzahl an empirischen Arbeiten in sämtlichen Disziplinen entstanden sind. Das vollständige Interview ist online kostenfrei über die Nomos eLibrary verfügbar: https://doi.org/10.5771/0010-3497-2020-4-432

Ein historisches Ereignis, das wohl wie kein anderes mediatisiert wurde, ist der Holocaust. Susanne Wegner zeigt am Beispiel der Holocaustberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk, dass Radiojournalismus Erinnerung auch nach moralischen und normativen Gesichtspunkten konstruiert. Der Journalismus ist damit an der Deutung von Holocaust-Geschichte beteiligt. Das Erinnern ist zwar auch akustisch, aber viel stärker noch visuell geprägt. Dass visuelles Erinnern spezifische ethische Herausforderungen im journalistischen Produktions- und Publikationskontext von Erinnerungsdiskursen mit sich bringt, diskutiert Elke Grittmann.
Die Zukunft der Erinnerung liegt auch in neuen Formaten. Wie Journalismus, Wissenschaft und kreative Projekte Geschichte aufarbeiten und neu erleben lassen, dokumentieren ausgewählte Beispiele: Populärkulturelle Medienangebote wie „Babylon Berlin“, die „Multimedia-Reportagen“ zu Geschichte bei „Spiegel online“, das Magazin „Anno“, sowie ein preisgekröntes Computerspiel, das dem zivilen Widerstand gegen die Nationalsozialisten eine neue Form des digitalen Erinnerns gibt. Zugänge zur Erinnerung thematisieren abschließend auch zwei Interviews in der Rubrik „Kommunikation in Kirche und Gesellschaft“. Pater Bernd Hagenkord SJ, langjährige Leiter der deutschsprachigen Abteilung von „Radio Vatikan“, berichtet von der medialen Aufbereitung der zwei großen kirchlichen Jubiläen des Jahres 2020, dem 100. Geburtstag von Papst Johannes Paul II sowie dem 150jährige Jubiläum des Ersten Vatikanischen Konzils. Dieses Jahr feierte auch der Zentralrat der Juden ein Jubiläum: Sein 70-jähriges Bestehen. Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, beschreibt im Interview, welche Rolle das Gedenken und Erinnern im Judentum spielt und mit welchen Kommunikationsstrategien die jüdische Gemeinschaft versucht, dem zunehmenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken.

Ab sofort sind die einzelnen Artikel online verfügbar.

Selbstverständlich erscheint die Ausgabe, wie gewohnt, auch in gedruckter Form.

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